Neujahrsschüsse
Israel macht sich bereit für den Einmarsch in den Gaza-Streifen. Tausende
Fußtruppen wurden versammelt, Panzerverbände aufgereiht. Die Operation
"Gegossenes Blei" kann beginnen.
Seit einer Woche beschießen israelische Streitkräfte den schmalen
Küstenstreifen im Südwesten des Landes mit Raketen. Über dreihundert
Menschen wurden wohl schon getötet. Jets, Kreuzer und Mittelstreckenraketen
sind rund um die Uhr im Einsatz, um den Bewohnern von Gaza das Fürchten
zu lehren. Aus sicherer Entfernung richten sie ihre Waffen gegen das offiziell
nicht existierende Land am östlichen Mittelmeer, das ihnen so prüde
den Blick auf den Strand verstellt.
Mediales Interesse
Zum Glück schaut die übrige Welt nicht tatenlos zu, sondern berichtet
lautstark über die Kriegsgeschehnisse und protestiert gegen den jüngsten
Ausbruch von Gewalt. In vielen Städten gehen Menschen auf die Straße
und machen ihrem Ärger Luft. So auch in Berlin, wo über eintausend
Menschen (hauptsächlich Muslime) im Rahmen einer großen Demonstration
aufmarschierten. Zum vierten Mal in Folge liefen sie gestern planlos durch das
Zentrum der Hauptstadt, verbreiteten ihre Botschaft von Frieden, Deeskalation
und Toleranz. So kann es nicht weiter gehen, sagen sie. Mit dieser geballten
Gewalt sollten die armen Palästinenser nicht konfrontiert werden. Schließlich
findet seit einer Woche auch die Versorgung mit Hilfsgütern nur noch sporadisch
statt. Die Bewohner von Gaza sind eingepfercht in einem viel zu kleinen Stück
Land, leiden an einer stark eingeschränkten Versorgung mit Nahrungsmitteln,
Medikamenten, Elektrizität und Kochgas. Und jetzt startet Israel auch noch
diesen erbarmungslosen Überfall.
Tod den Tyrannen!
Weltweit werden daher israelische und ägyptische Botschaften belagert.
Israel soll die Angriffe beenden. Ägypten soll seine Grenzen nach Gaza
öffnen, damit die Hilfskonvois wieder fahren können. Ein Waffenstillstandsabkommen
soll den Frieden Palästinas erneuern. Mehr verlangen die Demonstranten
gar nicht, nur ein bisschen Entgegenkommen
Was sie dabei nicht erwähnen, sind die vielen hundert Hamas-Mitglieder,
die sich in Gaza aufhalten und jeden Tag aufs Neue die Grenzgebiete zu Israel
mit Selbstmordanschlägen, Raketen und Mörsergranaten attackieren.
Als kurz vor Weihnachten das Waffenstillstandsabkommen auslief, rannten die
Hamas pünktlich auf die Minute zu ihren Mörsern und starteten die
Bombardierung von Wohnvierteln im Grenzbereich. Die militanten palästinischen
Muslime sprechen bei jedem politischen Treffen von Frieden und Gemeinschaftsbildung,
aber es vergeht keine Stunde in der die Hamas nicht irgendwo in Israel Menschen
angreifen und Häuser zerstören. Jeden Tag fliegen etwa 50 Granaten
und Raketen aus Gaza hinaus und keine der zerstörerischen Kriegsgeräte
ist auf militärische Ziele gerichtet. Kein Wunder, dass dem israelischen
Ministerpräsidenten Ehud Olmert irgendwann der Geduldsfaden reißt.
Friede beruht auf Gegenseitigkeit
Erst letzte Woche wurde wieder für wenige Stunden der Grenzübergang
nach Gaza geöffnet, um Hilfslieferungen in den offiziell nicht existierenden
Kleinstaat zu bringen. Zeitgleich feuerten radikale Muslime aus allen Rohren
auf ihre Nachbarn und viele Israelis formulierten eine realiv simple Kernaussage,
die den Konflikt gut umschreibt: "Warum sind diese Hilfsaktionen immer
so einseitig?" Während aus dem Osten Medikamente und andere Versorgungsgüter
nach Gaza hineinrollen, schleppen Hamas-Helfer aus dem Westen Kistenweise Waffenlieferungen
heran. Natürlich sperrt sich Ägypten gegen eine Grenzöffnung.
Wenn über geheime Tunnelsysteme bereits dermaßen viel Kriegsgerät
in den Küstenstreifen verbracht wird, wieviel größer würde
dann erst der Waffenschmuggel, wenn die Demarkation zum Land der Pharaonen wegfiele?!
Wer Sturm säht
Da wird auch der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad nicht dagegen
halten können. Nicht nur weil der Iran als erbitterter Feind Israels bekannt
ist, sondern auch weil der Ruf nach Frieden aus dem Munde von Kriegstreibern
wenig Gehör findet. Jedenfalls nicht mehr. Seit der Islam sich mit seinen
radikalen Splittergruppen weltweit Feinde gemacht hat, glaubt niemand mehr recht
an die gönnerhafte, umsichtige Natur der Iraner.
Nein, die Hamas haben den Bogen deutlich überspannt. Das dürfte allen
halbwegs politisch interessierten klar sein. Und wenn an der nun gestarteten
Militäroffensive Israels etwas überraschend ist, so ist es der relativ
späte Zeitpunkt des Gegenangriffs. Die Palästinenser haben sich freiwillig
nach Gaza begeben, sich dort verbarrikadiert, obwohl sie wussten, dass ihre
Versorgung dort nur durch Hilfsgüter aufrecht erhalten werden kann. Anschließend
hat die Hamas die Macht an sich gerissen und wirft nun täglich mit vollen
Händen Steine aus ihrem kleinen Glashaus.
Um sich die tatsächliche Idiotie dieses Verhaltens zu vergegenwärtigen
denke man einfach an eine Gruppe Raufbolde, die sich mitten im Winter bei -18°C
in Opas Gewächshaus einschließt, um dann mit Paps Luftgewehr sämtliche
Scheiben zu zerschießen und auf jeden anzulegen, der sich mit heißem
Kakao oder warmen Decken nähert.
Mag sein, dass der Konflikt auf religiösen und polithistorischen Debatten
basiert, aber aus europäischer Distanz betrachtet sieht diese Pseudo-Wehrhaftigkeit
einfach nur blöd aus.
Einen Schlussstrich ziehen
Es gibt nur einen Grund, warum die israelische Regierung so lange still gehalten
hat. Sie will Gaza gar nicht haben. Mit der Besetzung des Küstenstreifens
hat man sich einverstanden erklärt, die Konvois von LKWs wurden kommentarlos
durchgewunken. Jahrelang hat man die verbalen und physischen Attacken der Palästinenser
geduldet. Selbstgerechte Islamiten riefen öffentlich zum Jihad auf, sprengten
sich in Cafes, Schulen, Parks oder Einkaufszentren in die Luft und forderten
Gerechtigkeit. Jetzt bekommen sie ihre Gerechtigkeit per Luftpost geliefert
und zufrieden sind sie dennoch nicht.
Niemand mag mich!
Inzwischen wird selbst Ägypten offen angefeindet, weil es sich angeblich
den Terror gegen Gaza stärken würde. Jenes Touristenland lehnt jedoch
weiterhin jegliche Intervention ab, denn Verantwortung übernehmen für
ein Heer radikaler Palästinenser, das will man auch dort nicht. Niemand
will Gaza haben, nicht einmal geschenkt! Israel hätte schon vor Jahren
dort einmarschieren können, aber man hatte stets Angst, man müsse
sich hinterher um all die Menschen kümmern. Da war es chon wesentlich bequemer
den kleinen Terroristen ihren Sandkasten mit Meerblick zu überlassen. Doch
irgendwann wird die Bereinigung der Folgen heiliger Kriege zu aufwändig
und ehe man noch ewig über nicht eingehaltene Friedensversprechen debattiert,
fällt Israel doch lieber in sein eigenes Land ein und radiert die Gefechtsstellungen
der Besetzer aus.
Gewalt erzeugt Gegengewalt
"Wir wollen einen grundlegenden Wandel der Sicherheitslage im Süden
Israels erreichen", sagte Vize-Verteidigungsminister Matan Vilnai. Hierzu
sei eben ein entschlossenes Eingreifen notwendig und ich glaube nicht, dass
die Entscheidung zum Gegenschlag eine leicht war. Sonst hätte man nicht
so lange damit gewartet. Friedensgespräche mit Hamas-Führern sind
wie Veganer-Kongrese mit Metzgern: es mangelt an ehrlichem Interesse und damit
auch an Realisierbarkeit.
Als Pazifist kann ich die Großoffensive Israels nicht gut heißen,
aber wer dagegen schimpft und die Gräuel vernachlässigt die von der
Hamas begangen wurden, ist ein realitätsfremder Heuchler. Krieg ist unter
normalen Voraussetzungen keine echte Option, das lässt sich nicht von der
Schippe heben. Aber es geht hier längst nicht mehr darum, wer mit dem Unfug
angefangen hat. Die Hamas liefern einfach keinerlei Gründe oder auch nur
Lösungsansätze für eine Gewaltfreie Beilegung des nationalen
Zerwürfnisses.
Bill Jones verwendet mit ihren Two Brothers (Two Year Winter) ein anderes Gleichnis,
trifft aber die gleiche Grundnote; der Zwist zwischen Palästina und Israel
ist kindisch, unreif und zeugt von argumentativer Ermattung. Hoffentlich behält
Ms. Jones Recht: "One day in the future this won't mean a thing."
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