Goemon5: Blog Tagebuch

Goemon5 in Norway

Goemons Gruseliges Tagebuch

In dieser Ecke werde ich in unregelmäßigen Abständen (sobald ich eine Eingebung habe und über die Zeit verfüge dieser zu folgen) markante Erlebnisse meines bescheidenen Lebens niederschreiben.

 Die zeitliche Abfolge folgt übrigens den geologischen Regeln: die ältesten Daten befinden sich im liegenden (unten) und da die Geschichten teilweise aufeinander aufbauen, sollten sie von unten nach oben gelesen werden.
Inzwischen hat dieser Blog die Ausmaße eines Taschenbuchses erreicht und muss daher unterteilt werden. Aus reiner Ideenarmut heraus splitte ich einfach mal in Halbjahre, bzw. Doppelquartale.

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Sonntag

25.6.2006

Bruno ist tot

Heute Morgen gegen fünf Uhr wurde JJ1 von einer Bande heimtückischer Jäger erschossen. Gut fünf Wochen wird herumgesucht, finnische Bärenspürhunde werden angefordert und nichts passiert. Aber kaum wird das Todesurteil verhängt rennen eifrige Jäger durch den Wald und erschießen den ersten Bären, der den Freistaat seit über 150 Jahren betreten hat.

Fünf Wochen friedlich: kein Ergebnis. Zwanzig Stunden kriegerisch: Bär tot. Irgendetwas stimmt doch hier nicht!

Warum bleibt ein über zwei Meter großer Braunbär fünf Wochen verschwunden (wobei man wohl nur in Bayern drei Touristensichtungen täglich als „unauffindbar“ deklarieren kann) und taucht dann ganz plötzlich, zufällig und überraschend wieder auf? Warum strengen sich Waldhüter erst dann an wenn es um Blut geht und die Lizenz zum Töten ausgegeben wurde? Die Vorfälle rund um den braunen „Gast“ (Vergleich Aussage Schnappauf 17.5.) werfen Fragen um die Organisation deutscher Umwelthüter auf, die der dringenden Klärung bedürfen.

Sollte der Name des Bären-Mörders je bekannt werden drohen ihm Protestmärsche und eine Klage des WWF. Hat er sich auch verdient.

 

=> 3.7.2006

Samstag

24.6.2006

JJ1 muss sterben

Nach zweiwöchiger erfolgloser Jagd ziehen die finnischen Super-Hunde nun wieder ab. Der Schafkiller wurde zwar alle paar Tage gesichtet, aber ergreifen konnte man ihn nicht. Inzwischen ist der braune Genosse allerdings zu einem wahren Touristen-Magneten geworden. Die Gebiete die Sichtungen des Riesenteddys vorweisen können erfreuen sich teilweise stark erhöhter Besucherzahlen.

Obwohl Rucksacktouristen aus ganz Deutschland es schaffen sich JJ1 zu nähern und ihn ungefährdet zu fotografieren, sieht Bayerns Umweltminister eine Bedrohung für den Menschen und erklärte JJ1 nun für vogelfrei.

Heute Vormittag wurde er wieder einmal gesichtet, konnte aber augrund der leicht übertriebenen Vorbereitungszeit der Polizei (Zeitspanne zwischen Telefonat und Anrücken der Ordnungshüter: rund eine Stunde) erneut entkommen. Und da sage noch mal jemand Schweizer seien langsam ...

 

=> 25.6.2006

Donnerstag

8.6.2006

Bayerns böser Bär (4)

Unser freilaufender Wonneproppen hinterläßt eine Spur aus Blut: Alle paar Tage zerfetzt er mehrere Schafe und verschwindet wieder im Wald, ohne das erbeutete Fleisch zu nutzen. Ein echter Killer! Noch ist unklar ob das gestörte Jagdverhalten genetisch von Mama Bär ererbt wurde oder eine Reaktion auf das abstruse Essverhalten der Weißwurst-und-Maaßbier-Vernichter darstellt. Jedenfalls entwickelt sich der Tourist aus Österreich zu einem echten Publikumsmagneten.

Dennoch bleibt er unauffindbar, was inoffiziellen Meinungen zu folge (ich würde mich an derartigen Äußerungen nie beteiligen, meine neutrale Haltung dem neutralen Freistaat gegenüber sollte hinlänglich bekannt sein) liegt das wohl auch an der unauslotbaren Kompetenz bayrischer Jäger. Eine aus Skandinavien angeforderte Staffel Bären-Spürhunde soll am Freitag eintreffen und Abhilfe schaffen. Das Organisationstalent der hiesigen Beamten ist einfach unübertroffen!

Das Zotteltier hat übrigens auch einen klangvollen Namen erhalten: "JJ1", für BILD-Leser, denen die Neukombination von Zahlen und Ziffern zu einem kennzeichnenden Begriff außerhalb von Autonummernschildern generell nicht zugemutet werden sollte, wurde zusätzlich "Bruno" eingeführt.

 

=> 9.6.2006

Freitag

2.6.2006

Endlich online

Hurra, ich bin online. Nach zwei Jahren Entwicklung und drei Wochen Korrektur steht meine erste Homepage tatsächlich im Netz.

Meine Anmeldung verlief nicht nur unspektakulär, ich habe auch niemandem davon erzählt. Quasi ein super-geheimer Geheimtip. Aber ich melde mich gleich bei den unbekanntesten Suchmaschienen, um zumindest von Kennern gefunden zu werden.

 

=> 6.6.06

Dienstag

23.5.2006

X83 - Busrallye Berlin

Der X83 verkehrt in Berlin zwischen Dahlem und Lichterfelde. Er fährt, der Theorie nach, im 5-Minuten-Takt und stellt somit fuer Lankwitz-Studenten die wichtigste Verbindung nach Dahlem dar. Nun wird allerdings periodisch, eigentlich täglich berichtet, der Bus käme unpünktlich oder viele gar aus. Aufgrund aktueller Beobachtungen glaube ich auch dieses Problem nun fundiert entwirren zu können.

Heute durfte ich miterleben wie ein Busfahrer nicht nur bei freiem Busstreifen kontinuierlich die Mittelspur benutzte sondern sogar einen anderen Bus der X83-Linie auf freier Strecke überholte. Offensichtlich sind Berlins Busfahrer in gegenseitige Konkurrenz getreten und liefern sich jetzt erbitterte Rallyes um den Dahlem-Lankwitz-Streckenrekord. Somit ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch des Öfteren drei X83 hintereinander gesichtet werden. Wer nun gerade zu dieser Zeit fahren möchte freut sich freilich über die große Auswahl an Transportvehikeln, wer aber zwei Minuten später kommt hat das Nachsehen und darf erst einmal eine viertel Stunde auf den Folgebus warten.

Hier noch, für alle stoisch Geschwindigkeits-Berauschten Busfahrer, ein kleines Rechenbeispiel zur Sitzkapazität: Angenommen ein Personentransporter kommt vier Minuten zu spät, zum Beispiel weil sein Vorgänger vier Minuten zu früh losfuhr, und die Taktrate seiner Linie beträgt fünf Minuten, so entspricht das einem Versatz von 80% des Taktes. Demzufolge stehen statistisch erwiesene 80% mehr Fahrgäste an der Haltestelle, diese sollten ja schon vom vorherigen Bus mitgenommen werden. Nehmen wir weiter an dies findet zur Stosszeit statt, wenn ohnehin bereits 80% der angebotenen Kapazitäten ausgeschöpft werden, so wird dieser Bus nun mit rund 165% Auslastung kämpfen. Wenn sie, werter Busfahrer, mal wieder am Steuer sitzen ohne nach rechts durch die Tür schauen zu können und dennoch Fahrgäste an der Haltestelle verbleiben müssen, motzen sie ruhig auch bei ihren Kollegen, nicht gegen ihre Kunden.

 

=> 2.6.2006

Mittwoch

17.5.2006

Bayern bürgert Bären ein (1)

Ein in Österreich heimischer Braunbär hat sein Revier verlassen um dem Lechtal einen Besuch abzustatten (für alle ahnungslosen: das liegt in Bayern und gehört damit nicht zu Deutschland). Schnell war klar, dass der Wonneproppen touristisch unterwegs war, gleich in seiner ersten Nacht besuchte er einen Imker, vermutlich in der friedfertigen Absicht sich mit dessen Bienen anzufreunden. Letztere standen dem Unterfangen aber weniger positiv gegenüber und begannen einen offenen Krieg gegen das braune Knuddelmonster, den allerdings nur fahnenflüchtige Summer überlebten. Nachdem die Kriegsbeute unter der Siegerkoalition gerecht aufgeteilt worden war, trat die Honig-Allianz den Rückweg in den Wald an.

Am Folgetag (heute) wurde der Verlust der Bienenstöcke bemerkt. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf begrüßt wider Erwarten die Ankunft des Honig-Touristen. Aufpassen, wörtlicher Kommentar: "Der Braunbär ist in Bayern willkommen." Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet unser Ausnahmebundesland die Einbürgerung österreichischer Zottelkreaturen befürwortet. Man könne ihm, so Schnappauf, das Ammergebirge als Lebensraum anbieten. Na, ich bin skeptisch. Der letzte große Einzelgänger der aus dem Süden ins Land kam wurde auch inhaftiert. Damals haben bestimmt auch alle gesagt: "Der ist doch niedlich mit diesem Schnauzer. Der will nur spielen."

Aber auch der WWF ist nicht untätig und organisierte sofort Gespräche mit relevanten Politikern. Angesichts der Hysterien die unsere ersten Wölfe im östlichen Preußen vor zwei Jahren erzeugt haben scheint mir Aufklärung in diesem Fall auch äußerst notwendig. (Kaum las man von Wölfen in Polens Forst fingen die Leute an, das Märchen vom Rotkäppchen auf Parallelen mit der Realität abzuklopfen.)

Aber wie erklärt man einem Volk das immer noch an die Schöpfung durch eine übermächtige Kraft, genannt GOTT, glaubt, dass die von Grimm niedergeschriebenen Erzählungen keinen wie auch immer gearteten Bezug zur Realität haben? Ich vertraue auf den WWF, die haben schließlich Erfahrung mit Spinnern.

Nun, es bleibt abzuwarten ob und wo der braune Gast sein Visum beantragt und wie die Bevölkerung reagiert.
 

=> 19.5.2006

Sonntag

12.5.2006

Jammertal Deutschland (2)

Nachdem die Diäten gesichert und erhöht wurden steht uns nun die nächste Nullrunde seitens der Renten ins Haus. Zeitgleich steigen die Lebenserhaltungskosten und Preise für adäquate medizinische Versorgung. Sogar die selbsternannten Finanzexperten des Ministeriums sollten jetzt bemerken:" Da stimmt doch was nicht!" Stattdessen sorgt man sich um rückläufige Geburtenraten und die sinkende Anzahl deutscher Kinder. Ich glaube mich zu erinnern, dass BILD sogar vor einiger Zeit skandierte, unser Volk würde langsam aussterben. Bockmist! In Deutschland leben 80 (in Worten: achtzig) Millionen Menschen. Eine gewisse Einwohnerreduktion würde mal wieder ganz gut tun (muss ja nicht unbedingt die brutale, kriegerische Variante sein). Bei einer angenommenen globalen Stückzahl von 6 (in Worten: sechs!) Milliarden fällt das Verschwinden von achtzig bis achthundert Millionen doch gar nicht ins Gewicht. Nicht einmal die widerlichsten parasitären Insekten haben so ein großes Verbreitungsgebiet oder annähernd ähnliche Reproduktionsrate, von der destruktiven Kraft ganz zu schweigen. Manchmal denke ich, es ist ungeheuer verantwortungslos Kinder in diese Welt zu setzen, vor allem aufgrund dessen, was wir der übrigen Lebewelt damit antun.

Aber zurück zum Thema: mir fällt gerade eine passable Lösung für die Problematik Geburtenrückgang und Altersversicherung ein, die sich in Afrika bestens bewährt hat: Schafft die staatliche Altersrente ab! Dadurch sind junge Menschen gezwungen sich möglichst bis zur Volljährigkeit, spätestens aber nach Ende der Ausbildung einen Geschlechtspartner zu suchen und sofort mit der Kinderproduktion zu beginnen. Die Sprösslinge würden dann im Haushalt helfen und die Eltern im Alter versorgen.

Effekt auf die Regierung: Einsparungen von jährlich mehreren hundert Milliarden Euro, die dann spontan unter den mitwirkenden Wirtschaftsbossen und Abgeordneten aufgeteilt werden könnten. (OK, man könnte auch einen gewissen Anteil in unser Haushaltsloch werfen. Dessen nicht vorhandener Boden ist inzwischen aber in derart unbekannte Tiefen gerutscht, dass mir eine weitergehende Fütterung verschwenderisch erscheint.)

Effekt auf das "gewöhnliche Volk", auch Mittelklasse genannt: Mehr Spaß mit mehr Kindern, bessere Lebensstandards durch ein Heer von freiwilligen sozialen Helfern und ein unberechenbarer Aufschwung deutscher Marken-Export-Produkte wie handgefertigte Sperrholzbrieftaschen, Reisig-Handbesen und wundervoll bunten Bildern. Das wird großartig!

Wie wir ja alle wissen hat Afrika das Konzept in den letzten zweitausend Jahren mit großem Erfolg getestet. Unsere dunkelhäutigen Mitmenschen sind viel glücklicher, nicht wegen Kakao und berauschendem Waldhonig, sondern weil sich ihr Lebensstandart vor der industriellen Revolution, die glücklicherweise noch nicht das gesamte afrikanische Volk getroffen hat, nie signifikant gehoben hat. Da stört es auch nicht wenn mal zehntausend Leute an Malaria, Beulenpest oder im Stammeskrieg sterben, wächst ja alles schnell wieder nach.

Verdammt, ich bin wohl wieder zu spät (ich sollte mir abgewöhnen vor der Integration neuer threats im Internet zu stöbern): Die Union hat bereits ähnliche Vorschläge im März diesen Jahres offeriert. … und erneut zeigt sich, welche außerordentlich kreativen Spitzenkräfte dieses Land beschäftigt. Fast komme ich mir überflüssig vor (übrigens beschloss ich schon vor geraumer Zeit vorerst keine Nachkommen in diese Welt zu setzen), werde also zeitnah auswandern. Die Einfälle eines Westerwelle oder einer Merkel können von mir einfach nicht mehr übertroffen werden.

Na denn mal los: Renten ab-, Kinder anschaffen und ran an die Abholzung der deutschen Wälder. Anschließend mit Messern und Keulen bewaffnet Polen überfallen und einnehmen.

 

=> 17.5.2006

Montag

1.5.2006

Johann König explodiert

Das Berliner Kabarett "Die Wühlmäuse" ist schon ewig kein Geheimtipp mehr und so wundert es nicht, dass die meisten Veranstaltungen bereits der kommenden Monate bereits ausverkauft sind. Glücklicherweise ist meine Schwester umsichtig und hat mir meine Karte zu Weihnachten geschenkt.

Die Dampfwalze des deutschen Humors zeigt sich mit neuem Programm: "Johann König eskaliert". Auch heute hat die wandelnde Schlaftablette seine peruanische Begleitkappelle dabei und zeigt feinsten deutschen Klamauk. Eigentlich ist mein Stil eher der intelligente Humor mit Eloquenz und Wortwitz und Johann verkörpert mit den teilweise sehr flachen Witzen fast das Gegenteil davon. Aber das macht wohl auch den Reiz aus, denn viele Pointen werfen sich so schwungvoll gegen die Fußsohlen, dass einem das Lachen einfach ins Gesicht springen muss. Es ist schon frech sich innerhalb von fünf Minuten kaum zu bewegen und gerade mal einen vollständigen Satz herauszubringen. Johann König ist sicher kein großer Stern am Comedy-Himmel, aber ein Stern allemal, gerade durch die "einstudierten spontanen Patzer" und den Punkt-genauen Einsatz seines Tonbandgerätes. Ansehen und Erleben!

 

=> 12.5.2006

Freitag

10.3.2006

Das Aktuon

Heute endete der Systematik-Kurs von Theo. Wer mal was interessantes, philosophisch-systematisches lesen möchte dem seien die Arbeiten von REIF empfohlen ("Eine Banane ist am Montag grün und gerade, am Sonntag braun und krumm. Ist das noch dieselbe Banane?"). Reif schreibt zwar ziemlich gestreckt und spitzfindig, aber systematischen Theoretikern (Hallo Herr Sudhaus!) kann man die Realität wohl nicht anders näher bringen. Ich finde es, nebenbei bemerkt, auch unsinnig/kindisch/albern einen Stammbaum abzulehnen weil er der Theorie nicht aufs genaueste folgt.

Einst hat ein Paläontologe (!) das Theorem des Plesion eingeführt, um solche Streitigkeiten zu vermeiden: Nicht alle Taxa sind gleichwertig, von ausgestorbenen Arten spricht man als Plesion und muss dafür nicht nach Schwestergruppen suchen, was bei dem doch sehr mangelhaften Fossilbericht ziemlich aussichtslos ist. Natürlich gab es anschließend gleich Aufschreie unter den Paleontologen: "Unsere Fossilien sollen nicht gleichberechtigt sein!?!" Aber auch Zoologen waren weiterhin nicht zur Arbeit mit Paraphylla zu überzeugen.

So entwickelte Theo dann das Aktuon: "Hier sind diese und jene Fossilgruppen, da hängt noch ein Aktuon dran, aber die Taxa sind ja rezent und nicht gleichwertig und interessieren uns eh nicht." Die Theorie sollte mal jemand unserem werten Theorie-Systematikern Sudhaus präsentieren, der hätte sicher seine Freude daran. [Muhaha]

 

=> 07.3.2006

Friday

3/3/2006

The Sultans of Swing against the mess of the world

I never had this kind of favourite song (you know this kind of questions small talkers ask everyone they meet: "What's your favourite colour [green, by the way], what musician do you like most, which song makes you groove?"). I never had the right answers, as music is a quite deep rooted mysterious thing to me. I can't survive without several hours of rhythm in my backpack. Lately I even started moving my hips and feet, all due to Phil Collins (I do not like Pop that much but who can sit quietly at Phil's "Take me down"?).

So I need rhythm, I like harmonic voices and I love guitars. The Dire Straits 've got all this, especially their all-time-hit "Sultans of Swing" which now became my first favourite song, the long-waited-for answer on all needs. Old retired people sitting near to me in the train, talking 'bout their ten most expensive sicknesses? Stressed by not-at-all working computers? Just put on the headphones and let it flow! Those guys are just great, letting me forget and remember, flying and standing tall.

Never mind, I'm just so happy about my new agro-killer. Groove it, baby.
Mittwoch

08.2.2006

Deutschlands Zukunft (Teil 2)

Ich zweifle längst nicht mehr daran, dass hier zu weilen sich nicht lohnt. Nicht nur, dass sich der Arbeitsmarkt für Wirbeltierpaläontologen in Bezug auf die Anzahl der Stellenanwärter eher klein ausnimmt. Sowohl für Rente als auch Sozial- und Krankenversicherung muss ich komplett selbst sorgen. Das Rentenalter wird, wenn ich denn dereinst soweit bin, wohl in schier unerreichbare Höhen steigen, die Versorgung seitens des Staates wird sich trotz fleißiger Einzahlungen auf einen warmen Platz in einem Wohnheim beschränken, wo man vier mal pro Woche Brieftaschen für den Export nähen darf. Das Rentenalter erhöhen und gleichzeitig die Arbeitslosigkeit senken? Der Erfinder dieser Strategie hat sich einen Grimme-Ehrenpreis für außergewöhnliche Leistungen im deutschen sozial-politischen Märchenland verdient. Meinen Glückwunsch!

Gut, ein statistisch signifikanter Anteil unserer Bevölkerung hat sich diese Brot-lose Zukunft redlich verdient. Wenn man diese Jugendlichen betrachtet die später unsere Rente bezahlen sollen, ist mir völlig klar, warum unser Haushaltsloch tiefer reicht als die San-Andreas-Verwerfung. Für alle jene, die nicht sofort wissen wovon ich rede, hier eine kurze Umschreibung der Täter: Die männlichen Exemplare stehen bekifft an der Bushaltestelle, laufen wie John Wayne mit rasiertem Gemächt und beweisen in ihren leicht gezwungen wirkenden Konversationen eine Eloquenz, die jeden Regenwurm über einen Hauptschulabschluss grübeln lässt. Die weiblichen Vertreter stehen ihren maskulinen Artgenossen im inhalierenden Verzehr Krebs-fördernder Rauschmittel und Wortgewandtheit nicht nach. Ferner ist ihnen allen gemein, dass sie sich mit der Eleganz eines bewegungslegasthenischen Mittelklasse-Sumoringers auf Speed fort bewegen. Die Arbeits- und Lernwilligkeit dieser Fraktion ist wohl problemlos mit der eines Kanzler Kohl oder Jürgen Drews gleichzusetzen. Diese Gestalten sind unsere Zukunft?! HILFÄ!!!

Nee, ich ziehe hier aus. Schnell noch Diplom schnappen und dann ab ins Ausland. Vielleicht klappt es ja doch noch mit England oder Neu-Guinea. Ich bin eigentlich nicht wählerisch. Hawaii täte es auch. Also los, ihr geologischen Institute dieser Erde, her mit den Angeboten. Danke im Voraus. Goemon.

 

=> 14.2.2006

Dienstag

07.2.2006

Verfolgungswahn und andere politische Krisen

Jippee, Tauwetter. Der ganze widerliche Schnee schmilzt davon und lässt nichts als Pfützen zurück. Mein Vater natürlich wieder am Jammern: "Fahr fünf Minuten früher los, es taut und regnet." Eine Spur von Nieselregen ist schon vorhanden, aber eine die Fahrperformance beeinflussende Wirkung ist noch nicht auszumachen, erster Hinweis auf starke Übertreibung seitens meines maskulinen Zeugers. Dementsprechend versuche ich ihn zu beschwichtigen: "Die Gehwege sind doch geräumt." Doch ihn überzeugt das nicht: "Det haste wohl jeträumt, wa?" Der Satz missfällt mir nicht nur aufgrund seines flachen Berliner Akzents (Wir wohnen in Brandenburg, verdammt! Wie weit kann sich diese unsägliche Sprachverformung denn ausdehnen?!), nein es schwingt auch wieder dieser kontraproduktive, demotivierende Unterton mit. Mein Vater ist seit einiger Zeit damit beschäftigt hinter jedem Zeitungsartikel, Fernsehbericht und allen Begebenheiten die sein Leben streifen, einen politischen oder heimtückischen Hintergrund beizumessen. Hier seien einmal drei Beispiele erwähnt:

Neulich ist ein Regionalexpress ausgefallen, weil irgendjemand Bedarf an fünfzig Meter Stahlseil hatte. Radio und Zeitung berichteten gleichermaßen von dreisten Dieben, die in der Nacht einfach ein Stück der Oberleitung herausschnitten. Meinem ehemaligen Erziehungsberechtigten schien dies freilich nur eine Ausflucht zu sein: "Nee, die Bahn hatte bestimmt einen technischen Defekt."

"Dein Freund hat diese Woche bestimmt abgesagt weil deine Bude noch nicht aufgeräumt ist." Unnötig ihm zu erklären, dass Christian seine gesamte Zeit und Energie darauf verwendet die erste Studienarbeit fertig zu stellen, meine singuläre Zuhörerschaft wäre weniger aufgeschlossen als die Klagemauer. Nebenbei bemerkt sieht es bei mir gar nicht so schlimm aus und wenn man sich vorher anmeldet bin ich auch gerne bereit eine begehbare Schneise von der Tür bis zum Telefon am Fenster frei zu räumen.

"Dieser Reim, dieser Bürgermeister, der hat sich bestimmt wieder die Hälfte von dem Geld eingesteckt und den Rest an die Fürstengalerie weitergereicht." Ich hasse derlei politische Eskalationen, zumal sie sich in immer gleicher Wortfolge allmorgendlich wiederholen. Gut, in diesem Fall hat die Geschichte auch tatsächlich einen Hintergrund: Fürstenwalde ist vermutlich die einzige Stadt Deutschlands die ihr eigenes Einkaufscenter finanziert, obwohl die dort ansäßigen Firmen bei der gegenwärtigen Marktlage auch in zehn Jahren keinen Gewinn erzielen werden. Aber die Korruptionsvorwürfe gegen unseren unfähigen Bürgermeister sind sicher ungerechtfertigt.

Jedenfalls sieht mein Vater hinter jedem Busch einen Verbrecher, in jedem Politiker einen Hochstapler und in allen Verkäufern dieser Welt räuberische, skrupellose, blutsaugende Nießnutzer des kapitalistischen Systems. Als Mitglied der unterdrückten Rentnerloge mag ihm im Sozialsystem dieser Republik eine Opferrolle zukommen, aber das berechtigt ihn sicher nicht zu dem Pessimismus, den er derzeit an den Tag legt. Wenn ich also manchmal etwas naiv erscheine, geschieht das nur weil ich den Verfolgungswahn meines Vaters nicht ertragen kann und ihn durch Aufgeschlossenheit meinerseits auszugleichen suche.

Sind wir jetzt wirklich im Jammertal Deutschland angelangt? Meine Erzieher sind ja längst nicht die einzigen Bürger, die sich bei Kollegen und Freunden alltäglich über die aussichtslose Krise beschweren in der dieses Land ihrer ungefragten Meinung nach steckt. Naja, die Aktion "Du bist Deutschland!", die unsere neue Kanzlerin (eine der wenigen Menschen die selbst mein Weltbild auf destruktive Art beeinflussen) ins Leben rief ist auch eher ungeeignet der aufsteigenden Macht des Realismus entgegen zu wirken. Ich habe jedenfalls noch niemanden getroffen der nach dem Konsum eines dieser penetranten Werbespots meinte: "Oh, ich bin Deutschland! Jetzt gehe ich doch gleich mit einem viel positiveren Lebensgefühl in den tristen Arbeitsalltag. Morgen werden wir dieses Land wieder aufbauen, moralisch sowie wirtschaftlich. Und übermorgen schaffen wir Weltfrieden und fliegen zum Mars." Ehrlich gesagt: wenn ich morgens in die Zeitung sehe und Schlagzeilen über Kindesmisshandlung, entflohene Freigänger, Diäten- und Steuererhöhungen und verstaubte Reformkonzepte lese, will ich mich mit diesem Land gar nicht identifizieren!

Mein Weg aus dem Dilemma: Nicht immer nur jammern.

1) Setzt euch halt mal mit der wirtschaftlichen Lage dieses Staates auseinander und ihr werdet schnell einsehen, dass viele Forderungen einfach nicht zu erfüllen sind. Das erinnert mich an diese Sonnenanbeter die in einem verregneten Sommer vor etwa sechs Jahren die Regierung erpressten den Regen vorläufig abzuschaffen und statt dessen mehr Sonnentage in die Arbeitswoche zu integrieren. Ja, Religion treibt oftmals seltsame Blüten (siehe USA: Kreationismus als Schulbildung, Muhahaha).

2) Lächeln! Ich war gestern im MediaMarkt Neuköln. Die haben tatsächlich eine Kampagne gestartet, um der Berliner Bevölkerung näher zu kommen: Die Angestellten tragen nun Shirts mit dem Aufdruck "So freundlich, da kiekste, wa?". Und tatsächlich war ich von der Einstellung der Informationsdame positiv überrascht: obwohl ihr der Ärger über die fünfzig unfreundlichsten Kunden des Tages auf die Stirn tätowiert schien, bemühte sie sich keinen genervten Unterton in die Beantwortung meiner Fragen zur Softwarerückgabe einfließen zu lassen. Der Software-Beratungs-Mensch unterschrieb mir kommentar- und teilnahmslos den erforderlichen Beleg und als ich dann an der Kasse stand wurde ich nicht einmal ob des verlegten Kassenbons angeschrieen. Das alles nur durch eine ausgefuchste Werbekampagne? Denkste! Allen die daran interessiert sind ähnlich großartige Einkaufserlebnisse zu bekommen möchte ich hier mein Geheimnis verraten (allen anderen sei das Lesen dieses Teils dennoch empfohlen): Lächeln und freundlich bleiben! Nicht nur, dass die meisten Leute zu perplex sind um auf höfliche Anfragen prüde zu reagieren, es gibt euch und euren Mitmenschen das Gefühl, das ihr in dieser Welt von Bedeutung seid und das Leben sich nicht nur um Profit, Anerkennung und persönliche Erfolge dreht. Das klingt vielleicht ein bisschen abgedroschen (ich bin übrigens Anti-Christ, nicht dass ich hier in ein falsches Licht gerückt werde), aber ihr seid nicht allein auf diesem Planeten und je freundlicher ihr dieser Gesellschaft begegnet desto angenehmer wird sie euch auch empfangen.

Soweit das Wort zum Dienstag. In diesem Sinne: bleibt fröhlich! Oder wie man auf neudeutsch sagt: Shit happens.

 

=> 08.2.2006

Dienstag

24.1.2006

Kälteeinbruch (Teil 2)

Hui, die Temperaturen sind gestiegen, um satte 1,5 Grad. Ich ziehe trotzdem die Winterkluft an. ...Und bekomme auf dem Weg zum Bahnhof (heute mit Fahrrad, Jaha!) die Quittung dafür: Ich bin vom Ellenbogen bis zum Rücken durchgeschwitzt. Nur meine Hände frieren, der kleine Finger ist bereits taub. Da sage noch mal jemand, ich hätte keine Durchblutungsprobleme! Ausserdem sind meine Strümpfe zu kurz. Oder die Hose? Der Eisstreifen an meinen Beinen muss zumindest irgendetwas bedeuten.
Abends stelle ich fest, dass die Quecksilbersäule sich einen Sprung auf -10°C gestattet hat. Super, jetzt sind endlich auch die Handschuhe durchgeschwitzt. (Morgen wieder ohne Pullover, der muss eh erst mal trocknen.)
 

=> 07.2.2006

Montag

23.1.2006

Kälteeinbruch

Fünf vor sechs: Spazierengehen mit dem Hund. Ein Blick auf das Thermometer enthüllt frostige -20°C. Die tiefste Temperatur seit einigen Jahren. Das nötigt mich dazu, einen Pullover zu tragen (ich bin bis -8°C nur mit T-Shirt und Jacke unterwegs) und mich zum Bahnhof fahren zu lassen (mein Fahrrad versucht, animiert durch den Frost am Renzel, eifrig vom ersten in den ersten Gang zu wechseln).

Nachmittags wieder zwei neue Geschichten von Pavel, die ich dem Leser nicht vorenthalten möchte.

"Some years ago I was on a trip with a russian and a siberian college. It was actually quite warm, some 20 degree Celsius and so we took a bath in a lake. The Siberian college stood aside, shaking his head and when I repeadely asked him to come in he told me: 'We Siberians are not the ones with the highest endurance of coldness, but with the warmest clothes.'"
 The other story is what a palaeobotanist once told him: "You can take a hammer, go to the zoological garden and bump every animal on its head. In one hour you will finish the whole zoo. But when you make fire and by that burn the entire botanical garden than you will still have a botanical garden and in some ten years a big part of it will have been regrown by itself."

Abends gab es Krach weil ich die vier Kilometer von Bahnhof nach Hause gelaufen bin. In meiner Familie scheint grundsätzlich kein gehobenes Interesse an sportlicher Ertüchtigung zu bestehen. Dabei war doch mein Vater früher so voller Elan: "Damals, nach fünfundvierzig sind wir auch immer zur Arbeit gelaufen. Fünf Kilometer. Hin und zurück. [Wie unerwartet, von meinem Vater hätte ich erwartet die Woche durchzuarbeiten.] Durch zwei Meter hohen Schnee! [Barfuß, bei Gegenwind und immer mit einer Kiepe Kohlen auf dem Rücken. Sind eigentlich alle Väter so oder bin ich ein Einzelschicksal?]"
 

=> 24.1.2006

17.1.2006

Unheimliche Begegnungen - Teil 27

Ich hatte neulich eine seltsame Begegnung der Karma-zerstörenden Art im Zug gen Heimat: Regionalexpress zum abendlichen Stoßverkehr, ich habe mit Glück einen Doppelsitzplatz für mich und meinen rücklings getragenen, sackförmigen Begleiter gefunden. Dann der Schock: vier Rentner betreten das Abteil, durch eine unglückliche Fügung sind rechts neben mir, nur durch den Mittelgang von meinem Sitz getrennt, gerade drei Plätze frei geworden (ich habe nix gegen Rentner, hoffe selbst mal einer zu werden, aber diese Form unresozialisierbarer Präzombies jenseits der 70er, zumal wenn sie im Rudel auftreten und mit undurchschaubaren, offensichtlich zentnerschweren Tüten bewaffnet sind, bereiten mir doch erhebliches Unbehagen). Ein kurzer Blick auf die an langen Armen geschleppten Polyethylen-Transportbehälter identifizierte die Greise als Besucher der "grünen Woche "(vermuteter Inhalt der zu bersten drohenden Kunststoff-Gepäckstücke: Weinflaschen und Stinkekäse). [Vorsicht, jetzt bloß kein Fehler, Goemon. Das Temperament solch seniler Kreaturen gegenüber Sitzplatz-verweigernden Studenten hat schon einige Männer und Frauen das junge Leben gekostet.] Die düster durch das Abteil schwebende Bedrohung in Form einer sonoren Gruftstimme des Mannes der mir nun gegenüber steht, zwingt mich mein eigenes Gepäck vom Sitz zu meiner linken zu entfernen, auf den ich nun rutsche, um zu meiner rechten den kahlköpfigen Untoten aufzunehmen. Ich presse mich an die Armlehne und suche  verzweifelt jeden akustischen, olfaktorischen oder visuellen Kontakt zu unterbinden, was nur teilweise gelingt, da die vier Schrecken des Sozialstaates nun beginnen sich anzubrüllen. (Unterhaltungen zwischen mid-80ern übersteigen leider nur allzu oft den Geräuschpegel den das menschliche Durchschnittsgehör als gerade noch erträglich empfindet. Kinder tun dies übrigens auch, aber mit dieser Gruppe akustischer Muntermacher wollen wir uns ein anderes Mal befassen.)

"Dit erste Mal war aba imma noch am schönsten, kannste sagen watte willst" scheint Jutta (alle Namen geändert) ihrer schwerhörigen Freundin im übernächsten Wagon zuzurufen. Diese ist aber, so sie denn existiert, nicht erpicht der Konversation eigene Beiträge zuzusteuern, an ihrer statt antwortet die Frau gegenüber, mit einem etwas leiser gerufenen "Aber heute war doch auch wieda schön!" Es entbrennt eine Diskussion über die markantesten Wurst- und Weinpräsentrationen der letzten Jahre (Nun, zumindest in einer Sonderzuflucht für geistig minderbemittelte Vorschüler, die in der örtlichen Waldorfschule aufgrund ihrer Einstufung "hoffnungslos" keinen Anspruch auf einen Platz in der Schweigeecke hätten, könnte das Austauschen vierer [unvollständiger!] Sätze als primitiver Meinungsaustausch gewertet werden.), an der sich auch der neben mir sitzende Harald, offensichtlich der Gatte von Jutta, mit arythmischen, kurzen Zurufen beteiligt.

Die in diesem Kreise des Schreckens gefangene Fremde, die zu ihrem Pech schon vor dem Eintritt der Psychopaten-Bande dort saß, beschließt ihr verbliebenes Hörvermögen nicht länger zu gefährden und verlässt den Zug an der nächsten Station [das ist mit einer Fahrzeit von sechs Minuten schon eine tapfere Durchhalteleistung!] Aber für weniger einsichtige Menschen hat der Horror des Abends erst begonnen...

In Folge der frei gewordenen Sitzmöglichkeit verläßt Holger meine Flanke und plaziert sich samt seiner überproportionierten Last im Kreis der Mit-Greise, nicht ohne sich von mir mit einem "jetzt können se ihr'n Sack wieda..." zu verabschieden. Diese in scheinbar selbstloser Kontaktfreudigkeit hervorgestoßene Phrase enthüllte einen zweiten Einblick in den verrottenden Geisteszustand des Rufers. Aber auch um einer Runde von 3 debilen Frauen (zumindest die Gestaltung der Haartrachten in Kombination mit den kreischenden Stimmen ließ eine Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht erahnen, wenn gleich eine Zuordnung zur Spezies Homo sapiens durch den fortgeschrittenen Verwesungsprozess nicht als gesichert gelten kann) beizuwohnen ist sicher ein IQ kleiner fünfundzwanzig erforderlich.

Sodann heben die abstrusen Gestalten erneut an die Geschehnisse vergangener Tage aufzuarbeiten, tun dies aber aufgrund einsetzender Erschöpfung mit verringerter Lautstärke, welche nun nur noch 110 dB erreichte (das entspricht in etwa dem Lärmpegel eines vorbeifahrenden Dampflok). Durch Senilität erschwerte gesellschaftliche Verbindungen, Fernreiseziele innerhalb Berlins und der abenteuerliche Fußweg zwischen zwei Bahnstationen auf der Suche nach einem verlorenen Gebäck waren die Themen. Nun sind solche Gespräche nicht nur aufgrund ihres nicht vorhandenen Inhalts und des Eloquenzniveaus knapp unter Teppichkante eine Beleidigung und Qual für die Ohren eines jeden sprachbegabten Wesens mit basalen Kenntnissen deutscher Grammatik, sondern stellen schon durch ihre ständige Phrasenwiederholung eine Gefährdung vorhandener Geistesstärke unfreiwilliger Zuhörer dar. Ich suche nun meiner rasch wachsenden Verzweiflung durch das Zählen von Antiklinalen auf Holgers Stirn entgegen zu wirken. Dies ist anfangs noch ganz spannend: ich entdecke darin Brotkrumen, Bleistifte, abgelegte Zeitungen und einen Schmalzkringel mit grün-grauem Pelzbezug. Als ich jedoch des leeren Blickes meines Gegenüber gewahr werde, der deutlich die Rotte tollwütiger Eichhörnchen erahnen ließ die schon seit geraumer Zeit in seinem kargen Schädel Haschen spielen und jeden aufkeimenden Gedanken sofort des sonst leeren Kopfgewölbes verweisen, beschließe ich, dass meine aufzuarbeitende Literaturliste einen wesentlich besserer Schutz gegen den drohenden Verlust von Gehirnkapazität meinerseits darstellt.

Meiner Konzentration wird aber weiterhin erfolgreich entgegengewirkt, so dass ich auch das Folgethema "Deutsch-preußische Zahlungsmittel: ihr Wert in Vergangenheit und Gegenwart" mitzuhören gezwungen werde. Hier verfällt insbesondere Jutta in ausgeprägtes Jammern: "Zehn Euro sind für mich zwanzig Mark". Es ist nun 10 (in Worten ZEHN !) Jahre her , da die Mark durch die bundesweite Anerkennung der D-Mark jeglichen bis dahin verbliebenen Restwert verlor und vor vier Jahren wurde auch letztere durch ein neues System von Münzen und Banknoten ersetzt, namentlich als EURO bekannt. Die Marktentwicklung die seitdem den Gegenwert solcher Zahlungsgegenstände geprägt hat macht eine Umrechnung in alte, seit langer Zeit nicht mehr existente Währungen eigentlich unmöglich, was aber viele Anhänger deutscher Wirtschaftgeschichte nicht davon abhält es nicht nur zu versuchen, sondern auch das Ergebnis ihrer Bemühungen dem sozialen Umfeld mit Nachdruck kund zu tun. Es sei hier noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt: Der Zahlwert einer Kuh, und der daraus resultierende Endverbraucherpreis des Fleischgrützeburgers, wird durch das aktuelle Angebot-Nachfrage-Verhältnis und EU-Zuschüsse geregelt, wodurch eine versuchte Darstellung in Mark, Reichsmark, Goldtalern, Fidjimuscheln oder anderen archaischen Währungen nicht gelingen kann!

"Und wenn ich jemandem zwanzig Euro schenke, dann sind das für mich vierzig Mark" mosert Jutta weiter. [gngngngn] Ich überprüfe rasch mittels eines Taschentuchs ob ich bereits aus den Ohren blute, aber der nun gelblich verfärbte Zellstoff gibt Entwarnung.

"Es ist ja auch alles teurer geworden" mault Hilde, "für't waschen und Föhnen hab' ick doch neulich sechzehn Euro dreißig bezahlt." [UND DAS SIND FÜR DICH ZWEIUNDDREISSIG EURO SECHZIG, WIR WISSEN ES.] (Nebenbei bemerkt erscheint auch mir der finanzielle Aufwand dieser Leistung {ein Brennessel-artiges Gestrüpp das mich unweigerlich an Yaks erinnert} nicht angemessen.) ... [Oha, dieses mathematische Problem scheint mit einem Intelligenzquotienten jenseits der 20 nicht lösbar zu sein.] Es folgen rund zwei Sekunden des Schweigens, von denen ich derart überrascht werde, dass ich es versäume den Moment angemessen zu feiern.

"Also, wir war'n doch letztes Jahr in Kenia" erzählt Jutta. [Wie jetzt, man fliegt für drei Wochen nach Kenia aber kann sich nicht mal einen anständigen Haarschnitt leisten?! Und das alles durch Steuergelder finanziert! Oder betreut Afrika ein Mumien-Austausch-Programm?]

"Ach war det schön, und einen Poool hatten die da: gaanz blaaues Wasser." [Na, da spricht ja geballte Welterfahrung. Das erinnert mich übrigens an meine Großeltern, die damals in der Türkei vier Stunden auf einer Bank saßen und auf den Reisebus warteten. Wenn da jemand Bedarf hat: Meine Großtante ist mit einigen der schönsten Parkbänke zwischen Berlin und Budapest vertraut.]

Nun ist es auch Holger gelungen sein Sprachzentrum zu reaktivieren (schon seit einigen Minuten versucht er durch heftiges Kopfwackeln ein Mikro-Gravitationsfeld aufzubauen das seine letzten Hirnzellen in Umlaufbahn des hohlen Schädels hält). "Und ein Naaashorn hatten die da" tönt es aus seiner Ecke des Zombie-Zirkus. [Nee, Nashörner in einem afrikanischen Touristikzentrum, wer hätte damit rechnen können!] Nach diesem kräftezehrenden Ausruf scheint sich der abgewrackte Körper erst erholen zu müssen, aber Jutta springt (unglücklicherweise) für ihn ein. Während sie nun von den Vorzügen eines klassischen Topfschnitts bezüglich des Wanderns in tropisch-humider Luft berichtet frage ich mich, ob das Erwürgen von vier Rentnern in einem Regionalexpress zur Stoßzeit wohl Missmut oder Wohlwollen beim Publikum erzeugt und ob die anderen Mithäftlinge meines Zugabteils ebenso denken. Als ich mich gerade der Verfügbarkeit meines Taschenmessers und ermunternden Blicken unter Leidesgenossen versichern will, fällt mein Blick erneut auf die Transportbehälter mit noch immer ungeklärtem Inhalt. Wenn man bedenkt was vier Untote mit Stöcken, zerborstenen Weinflaschen und Fleischmessern anrichten können, ist dem der Sprung aus dem Fenster wohl vorzuziehen. Schon halte ich Ausschau nach dem rot umrahmten Notausstiegsfenster, doch in dem Moment ertönt die rettende Stimme der Zugbegleiterin: "Wir erreichen jetzt den Bahnhof Erkner." Eine Ausstiegsmöglichkeit! Noch eine viertel Fahrstunde von meiner Station entfernt, aber jede weitere Sekunde in diesem Zug bringt mich dem Wahnsinn ein großes Stück näher. RAUS HIER! [Tschüß Gruftis! Ich würde ja gern noch bleiben und miterleben wie meine Gehirnzellen eine nach der anderen absterben, aber ich kann nicht. Auf nimmer Wiedersehen. Aloah Away!]

Endlich wieder in Freiheit, aber der Schrecken sitz so tief, dass ich ihn wohl schriftlich verarbeiten muss. Hoppla, ist hiermit geschehen. Ich hoffe nur, der geneigte Leser hatte mehr Spaß an der Lektüre als ich an dem Erlebnis.

Seitenanfang           => 23.1.2006

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