Goemon5: Blog Tagebuch

Goemon5 in Norway

Goemons Gruseliges Tagebuch

In dieser Ecke werde ich in unregelmäßigen Abständen (sobald ich eine Eingebung habe und über die Zeit verfüge dieser zu folgen) markante Erlebnisse meines bescheidenen Lebens niederschreiben.

 Die zeitliche Abfolge folgt übrigens den geologischen Regeln: die ältesten Daten befinden sich im liegenden (unten) und da die Geschichten teilweise aufeinander aufbauen, sollten sie von unten nach oben gelesen werden.
Texte von 2006 und 2007 befinden sich hier.

Q1/2 2006 Q3/4 2006 Q1/2 2007 Q3/4 2007 Q1/2 2008 Q3/4 2008 2009
Dienstag

25.11.2008

Seehofer lässt die Bombe platzen

Bayerns Ministerpräsident und Parteivorsitzender der CSU zeigt sich besorgt über die wirtschaftlichen Konsequenzen der momentan angestrebten Klimaziele der europäischen Union. Jene sieht vor, bis 2012 eine Obergrenze von 120 g/km CO2-Ausstoß für alle Neuwagen einzuführen. Wer den Grenzwert überschreitet solle zunächst 20 Euro je Gramm Strafezahlung leisten, bis 2015 jedoch 95 Euro pro Gramm. Damit würde eine BMW-Limousine in sechs Jahren gut achttausend Euro mehr kosten und ehrlich gesagt, bezweifle ich, dass der durchschnittliche BMW-Käufer sich dadurch abschrecken ließe. Momentan liegt der bundesweite Durchschnitt deutscher Neuwagen bei etwa 170 g/km und das auch nur, weil im städtischen Bereich jede Menge Smarts und VW-Kleinwagen abgesetzt werden. Man könnte nun meinen, dass sich Mercedes und BMW gar keine Mühe geben auf die sich seit langer Zeit ankündigenden Ziele der EU einzugehen, aber Bayerns Horst Seehofer zeigt uns deutlich, dass sich die Industrie eigentlich in der Opferrolle befindet.

So meinte er am Wochenende gegenüber der ARD: "Wir sind für Klimaschutz, aber wir wollen durch eine überzogene Reglementierung nicht die Arbeitsplätze in Bayern gefährden." Hört, hört! Wenn das mal nicht weitsichtig und global durchdacht ist. Bereits vor einer Woche hatte sich Seehofer auf dem Arbeitgebertag in Berlin für eine Minderung des Klimaschutzes eingesetzt: "Grüne Arbeitslose nützen uns nichts […] Wir brauchen die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie."

Ist das nicht nett? Vergesst den Klimawandel! Die grüne Zukunft lasset fahren! All die Vorstellungen unserer populistischen, zukunftsorientierten Gegensprecher sind nichtig, die Wahrheit liegt hier, in der Heimat der Weißwurst! Denn nichts geht über Arbeitsplätze in der bayrischen Automobindustrie.

Gegenstimme
Renate Künast, Kanzlerkandidatin der Grünen, sprach hierzu: "Wer jetzt Geld ins Alte investiert, wer jetzt wieder mit beiden Beinen auf der Bremse steht und die festhält, tut vielleicht jetzt manchem von der Denke her einen Gefallen, aber wer kauft denn die Autos hinterher? Keiner!"

Moment mal, soll das heißen, der globale Markt ist trotz steigender Benzinkosten und gehobenen Umweltbewusstseins nicht am Erwerb alter CO2-Schleudern interessiert? Das überrascht mich jetzt schon etwas, gerade da laut repräsentativen Umfragen der deutsche Durchschnittsbürger seit über fünf Jahren den Umstieg zum sparsameren PKW sucht, was mit Blick auf die neuen Feinstaub-Plakettenverordnungen und stetig kletternden Rohölpreisen auch irgendwie nachvollziehbar klingt. Das hieße doch aber, wir würden uns nicht nur der Entwicklung neuer Kraftfahrzeuge verwehren, wir würden sogar Ausschuss produzieren. Gesicherte Arbeitsplätze für gesicherte Absatzprobleme.

Bei allem Zynismus passt diese Einstellung nicht zur Rolle eines ehemaligen Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, andererseits passt es ausgezeichnet zur bisherigen Orientierung von Horst Seehofer, der ja gern die Agrarunternehmen bis zum Umfallen subventioniert, ganz Deutschland zum Behufe des Feldbaus gerodet und am liebsten den Tierschutz aus dem deutschen Gesetzbuch herausgestrichen hätte. Wo genau ist eigentlich der Verbraucherschutz zu finden, wenn man die Herstellung von Produkten befürwortet, die der Verbraucher gar nicht haben will? Die meisten Bundesbürger können sich doch eh keine frische Mercedes-E-Klasse leisten. Warum also sollte man das Zeug weiter herstellen? Sorry, mir fällt's gerade nicht ein.

Gemeinschaftsentscheid
Die EU jedenfalls knickt deutlich ein. Bis 2012 sollen nur zwei Drittel aller Neuwagen den Durchschnitt von 120 g/km erfüllen, bis 2015 gilt diese Regelung für alle. Von Strafzahlungen wird vorerst gar nicht mehr geredet. Zwar ist die Ausführung weiterhin Sache der Staatsregierungen und Angela Merkel versäumte auch gestern beim deutsch-französischen Gipfeltreffen erneut einen Konsens dieses Themas mit Le President Sarkozy auszudiskutieren, doch stehen die Zeichen vorerst deutlich auf Fehlstart. Seehofer wird einmal mehr seinen Rollen als Bayer, Spaßmacher, Entwicklungsbremse und sprechende Klimakatastrophe gerecht. Als ob Bayern noch zu retten wäre…

Tagebuch


FolkAlley