Goemon5: Blog Tagebuch

Goemon5 in Norway

Goemons Gruseliges Tagebuch

In dieser Ecke werde ich in unregelmäßigen Abständen (sobald ich eine Eingebung habe und über die Zeit verfüge dieser zu folgen) markante Erlebnisse meines bescheidenen Lebens niederschreiben.

 Die zeitliche Abfolge folgt übrigens den geologischen Regeln: die ältesten Daten befinden sich im liegenden (unten) und da die Geschichten teilweise aufeinander aufbauen, sollten sie von unten nach oben gelesen werden.
Texte von 2006 und 2007 befinden sich hier.

Q1/2 2006 Q3/4 2006 Q1/2 2007 Q3/4 2007 Q1/2 2008 Q3/4 2008 2009
Montag

17.11.2008

Die neue Zensur

Dereinst hielten multimedial verträumte Menschen das Internet für einen Quell der Informationen, eine universelle Plattform zur Verbreitung von gefährlichem Halbwissen, ungaren Meinungsäußerungen und unverbrämter Selbstdarstellung die keinem staatlichen Druck weichen wird. Andererseits glaubten auch viele Gamer, sobald sie nur volljährig seien, könnten sie ungehindert alle Computerspiele zocken, ungeachtet ihrer Altersempfehlung. Längst wissen wir, wie fehlerbehaftet diese Einschätzung war, denn führende Medienkontrolleure überprüfen inzwischen sogar die Einfuhr von digitalen Datenträgern und deren Verbreitung unter vermeintlich selbstverantwortlichen Erwachsenen.
Forsch voran
Als weiteren Meilenstein deutscher Medienkompetenz gelang dem Bundestagsabgeordneten Lutz Heilmann (Die Linke) nun endlich die Zensur des Internets. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia enthielt einen Artikel über Heilmann der jenem so nicht gefiel, weil darin unter anderem über sein mutmaßliches Wirken bei einem Erotik-Versandhandel und die innerparteilichen Rangeleien spekuliert wurde. Als ehemaligem Mitarbeiter der Staatsicherheit, dem führenden Zensurapparat der DDR, war ihm sofort klar, dass in dieser Angelegenheit ein paar Köpfe rollen mussten. Da jedoch die ersten Anträge auf Inhaftierung, Internierung und Liquidierung von seinen neuen Parteigenossen abgeschmettert wurden, besann sich der Jurist auf eine neue Strategie.

Lutze erließ eine einstweilige Verfügung gegen das deutsche Portal von Wikimedia, nach der das Landgericht Lübeck eine Weiterleitung von Wikipedia.de auf de.Wikipedia.org verbot. Zwar war der fragwürdige Artikel weiterhin verfügbar, doch ließ er sich zumindest mit den begrenzten Kenntnissen eines Stasikaspers nicht mehr erreichen. Die verantwortlichen Autoren schnippelten am Wochenende an den Passagen herum und konnten gestern ein Einlenken von Lutze erwirken. Lutz Eberhard Heilmann ist nun wieder offiziell und ohne Umwege in der Enzyklopädie verfügbar, mit einem sehr gestauchten, weil unter gesetzlichem Druck zensierten Text.

Hoffnung für die Menschheit
Der Kläger zeigt sich zufrieden. In einer Medienlandschaft in der er jedes Wort nach eigenem Willen beschneiden kann, fühlt er sich heimisch. Auch für die restliche Welt bricht eine weitere rechtliche Barriere zusammen. Wenn man Wikipedia lahm legen kann, sollten sich auch andere Informationsportale blockieren lassen. Sollte sich die Anzahl meiner Blogs zeitnah auf ein Drittel verknappen, wisst ihr warum. Es ist schon ein Kreuz mit der Meinungsfreiheit, man kann es niemals allen gleichzeitig recht machen. Zum Glück haben wir fähige Politiker, die ungeahndet Computerspieler als gewaltbereite Psychopaten bezeichnen dürfen, welche mit der Härte von Kinderpornographie bestraft werden müssten, während jene Denunzianten sich die öffentliche Meinung über sich selbst nach eigenem Ermessen zusammenstreichen können. Ich sehe, Medienrecht funktioniert.

Porno-Beckstein und Bazooka-Joe haben mit dieser Klage eine ganz neue Arbeitsgrundlage gefunden. Wir werden sehen, ob ein Verbot von Shootern wesentlich schwieriger zu erreichen ist, als die Zensur öffentlicher Websites. Ich schätze, Peter Rowan hatte Recht: "The green grass growing fields are gone." (Dust Bowl Children)

 

=> 20.11.2008

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