Goemon5: Blog Tagebuch

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Goemons Gruseliges Tagebuch

In dieser Ecke werde ich in unregelmäßigen Abständen (sobald ich eine Eingebung habe und über die Zeit verfüge dieser zu folgen) markante Erlebnisse meines bescheidenen Lebens niederschreiben.

 Die zeitliche Abfolge folgt übrigens den geologischen Regeln: die ältesten Daten befinden sich im liegenden (unten) und da die Geschichten teilweise aufeinander aufbauen, sollten sie von unten nach oben gelesen werden.
Texte von 2006 und 2007 befinden sich hier.

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Dienstag

28.10.2008

Vom Verlust dreier Amtsschimmel

Erwin Huber legt mit dem Ministerium für bayrische Finanzen ein weiteres Amt nieder und langsam frage ich mich, wie viele davon er noch in der Aktentasche hat. Wir rekapitulieren: 1978 kam er als Abgeordneter in den Bayrischen Landtag, 1988 auch noch in den Vorstand der CSU. Nach knapp zwanzig Jahren Herumschieberei wurde ihm durch Ministerpräsident Beckstein letztes Jahr der Posten des Staatministers für Finanzen zugetragen, was nach jüngeren Informationen etwas daneben ging. (Die Bayern-LB zieht mit 5,4 Milliarden Euro den vermutlich größten Anteil aus dem Finanzmarktstabilisierungsfond.) Naja, Erwin zog die Konsequenzen aus den pompösen Verlusten der Bayrischen Landesbank und kündigte diese Position unlängst auf. Den CSU-Vorsitz gab er bereits zuvor aus der Hand.

Apropos Vorsitz, den hält jetzt Horst Seehofer in der klammen Hand. Der designierte Verbraucherschutzminister hat sich entgegen den Anwandlungen seines Vorgängers Edmund Stoiber die geteilte Unterstützung der CSU-Kollegen sichern können, steht nun als ausführender Parteichef an der Spitze der Christlichen Union und durfte daher persönlich die Verhandlungen zur ersten CSU-Koalitionsregierung seit über vierzig Jahren führen. Gestern wurde er mit überwältigender Mehrheit zum Ministerpräsidenten Bayerns gewählt. Ganze 56,5% des Landtags stimmten für die oberbayrische Landwirtschafts-Ikone, was ziemlich genau die Anzahl von FDP- und CSU-Abgeordneten widerspiegelt und somit ein relativ deutliches Zeichen der oppositionellen Bewegung darstellt.
Seehofer vereint somit die beiden einflussreichen Polit-Positionen die zuvor erfolgreich durch das Komikerduo Huber-Beckstein öffentlich präsentiert wurden. Auf diese Weise treten zwei erfahrene Clowns von der Bühne, die mir in vergangenen Tagen durch ihre missglückten Streiche auf Landesebene viel Freude bereitet haben. Mir bleibt nur die Erinnerung und ein Foto auf meinem Schreibtisch, welches die Unterhaltungsexperten auf einer Pressekonferenz am 4. April zeigt, wo sie betroffen, verzweifelt und erstorbenen Blickes nach geistig gereiften Antworten auf die dringende Frage nach innerparteilichen Querelen suchten.

Mit Gerüchten und Dementis hat Seehofer freilich nicht zu kämpfen. Dass die Hälfte seiner Parteigenossen ihn lieber nicht in einflussreicher Position sehen will, ist kein Geheimnis. Unsere staatliche Führung jedoch, und natürlich auch das Volk, atmen erleichtert auf. Schließlich gab der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz jenes Amt gestern ab, wodurch sich nun erneut qualifizierte Personen um den Posten bewerben können. Erfolgreiche Kandidaten sollten Kontakte zu möglichst vielen Agrar- und Lebensmittel-Lobbys pflegen, eine Reihe von journalistisch wirksamen Täuschungsmanövern im Repertoire führen und sich vor allem kompromisslos und nachdrücklich gegen die Rechte der Verbraucher und Primärproduzenten einsetzen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Deutschland auch weiterhin die von der Europäischen Union geforderten Fangquoten, Käfigmindestgrößen, Schadstoffgrenzwerte, Landschaftsschutzmaßnahmen und Lebensmittel-Kontrollintervalle konsequent ignoriert. Irgendwie muss die Bundesrepublik ihr grausiges Image als ökologischer Vorreiter doch loswerden können!

Nachdem die CSU zuvor fast ein halbes Jahrhundert solitär über das Bundesland Bayern regiert hat, steht zuletzt genanntem nun eine Phase innerpolitischer Zwietracht bevor, die durch Partei-interne Streitigkeiten zerrissen und von oppositioneller Aufbereitung final demontiert wird. Irgendwie stimmt das wesentlich besser mit meiner persönlichen Vorstellung vom Alltag im Weißwurst-Land überein als die vormals fröhliche christliche Eintracht.

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