Montag
3.11.2008 |
Friede für Virunga
Der Virunga Nationalpark im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) ist
mit seinen Vulkanen und dichten Regenwäldern eine der beschaulichsten Regionen
der Erde, was ihn bereits 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO machte. Leider
liegt der Park auch im Grenzdreieck von DRC, Rwanda und Uganda, wodurch er gleichzeitig
die meistumkämpfte Region der Erde stellt.
1994 wurden in Rwanda bei einer Massenverfolgung der Tutsi mehr als 800.000
Angehörige der zentralafrikanischen Minderheit getötet, der größte
Genozid seit Hitler. Es folgte ein kongolesischer Krieg 1996/97, der hauptsächlich
durch Flüchtlingsströme und Umsturz der Regierung motiviert war. Daraufhin
wurden Allianzen und Vereinbarungen neu ausgewürfelt, wobei der Frieden
bereits im Folgejahr durch neue desaströse Konflikte vernichtet wurde.
Die Kongo-Kriege dauerten mit einigen Unterbrechungen und unzähligen Gewalt-Ausreden
mehrere Jahre an. Sie wurden erst 2003 durch trügerische Abkommen abgebrochen,
wobei zu jenem Zeitpunkt bereits über fünf Millionen Menschen getötet
wurden, ebenfalls ein trauriger Rekord, der nur vom zweiten Weltkrieg überboten
wird.
Nun ist die Rebellenorganisation erneut vorgerückt, hat mit Kimumba eine
der großen Krisenregionen der DRC eingenommen und dabei einige zehntausend
Flüchtlinge nach Goma getrieben, welche mit über einer halben Million
Heimatloser bereits eine der größten Flüchtlingsstädte
der Welt ist. Der bewaffnete Konflikt richtet sich gegen die Regierung und ruandische
Milizen. Von der Drei-Fronten-Situation ist die UN wieder einmal so dermaßen
überrascht, dass sie eigentlich nur daneben stehen kann. Obwohl mit der
durchschnittlich besseren Ausrüstung und Ausbildung versehen, sind sie
zum Kampfeinsatz völlig ungeeignet. Um diesen Umstand verstehen zu können,
sollten wir uns die beteiligten Parteien genauer anschauen.
FDLR
Die ruandische Nazi-Alternative floh nach der Ermordung der Tutsi-Minderheiten
1994 in die östliche DRC. Sie besteht hauptsächlich aus rebellischen
Rwanda-Soldaten und Hutu-Milizkämpfern, die sich unter kongolesischer Obhut
neu formierten und so die Forces Democratiques de Liberation du Rwanda (FDLR)
bildeten. Was der Massenmord an den Tutsi mit Liberalisierung zu tun hat und
warum die Truppen zumeist auf DRC-.Boden kämpfen, konnte zwar bislang niemand
recht beantworten, aber durch Ausbetung der Ressourcen im Virunga-Nationalpark
geht es ihnen finanziell ganz gut. Vor zehn Jahren entdeckten sie den Wert von
Holzkohle und lassen seitdem durch Zwangsarbeiter Regenwald zu Brennstoff verarbeiten,
was den Park jährlich immense Flächen kostet.
CNDP
Nachdem bekannt wurde, dass die DRC als Staat mit der FDLR kooperieren würde,
hatten einige Mitglieder der kongolesischern Armee die Faxen dicke und bildeten
zusammen mit Tutsi-Milizen den Congrès National pour la Défense
du Peuple (CNDP), der jetzt quasi für die Freiheit des Kongo kämpft.
Unter der Führung des "Chaiman" (Rebellengeneral Laurent Nkunda)
kontrolliert der CNDP die östliche Virunga-Region. In seinem schwarzen
Anzug mit weißen Socken und Sonnenbrille macht Nkunda einen sehr charismatischen
Eindruck, aber das war ja bei Altkanzler Schröder auch nicht anders.
FARDC
Die Regierungstruppen, die sich unter dem umständlichen Namen Forces Armées
de la République Démocratique du Congo (FARDC) präsentieren,
stehen zwar relativ machtlos zwischen den beiden Hass-Parteien, halten aber
dennoch nach alter afrikanischer Tradition überall dort die Hand auf, wo
ein paar Dollar fallen können. Die offizielle Verlautbarung heißt
natürlich "für eine friedliche DRC", doch weht der kämpferische
Wind meist in die Richtung des Geldes. Seien es Drogen, Minerale oder Holzkohle,
ohne zünftige Bestechung verlässt kaum eine Ware die Region.
ICCN
Das Institut Congolais pour la Conservation de la Nature (ICCN) stellt etwa
650 Ranger für die Parkregion, die für ein paar Dollar pro Woche und
die Hoffnung auf eine bessere Zukunft täglich im Kampf gegen Korruption
ihr Leben riskieren. Mit der Regierung haben sie soviel zu tun wie die Samariter
mit der Bundesrepublik und wenn sich ein illegaler FARDC-Transport seinen Weg
durch den schrumpfenden Dschungel bahnt, stehen die ICCN-Mitglieder für
gewöhnlich vor der Entscheidung sich erschießen zu lassen oder beiseite
zu treten
UN
es sei denn, die Truppen der United Nations (UN) sind zufällig in
der Nähe und passen auf, dass den neutral bis friedlich Gesinnten nichts
passiert. Schließlich ist ein neuer Genozid oder die Attackierung von
neutralen Einsatzkräften die einzige Möglichkeit der UN, in den Konflikt
einzugreifen.
Rwanda
Man könnte vermuten, dass den FDLR-Nazis irgendwann die Munition ausgeht,
aber Rwanda hat die Lage gut im Griff. Kein Kämpfer für das Böse
muss hungern oder mit zu wenig Schusswaffen auskommen, dafür sorgen das
Geld aus Drogenhandel und Regenwaldabholzung in Verbindung mit ruandischen und
kongolesischen Waffenhändlern.
Zivilisten
Momentan befinden sich in DRC gut 1,6 Millionen Menschen auf der Flucht. Vor
Hunger, vor Gewalt, vor der FARDC, der FDLR oder der CNDP. Egal, hauptsache
weg vom sicheren Tod! 5,4 Millionen sind bereits gefallen und niemand will der
nächste sein.
Berg-Gorillas
Der Virunga Nationalpark beherbergt mehr als die Hälfte aller verbleibenden
Berggorillas, einer der am stärksten bedrohten Arten unseres Planeten und
ist durch die zusammenhängenden Habitate gleichzeitig ihre einzige Aussicht
auf eine Art-erhaltende Zukunft.
Unter UN-Aufsicht treffen sich nun die Präsidenten von Rwanda und DRC
wieder einmal zu Friedensgesprächen, wobei zumindest jenen beiden klar
sein dürfte, dass man die Situation dort unten am besten sich selbst überlässt.
Beide verdienen gut am Kriegsgeschäft und haben ferner überhaupt keine
Kontrolle über die entsprechenden Truppen. Der Ausgang jener Verhandlungen
ist daher recht vorhersehbar: man schüttelt sich die ungewaschenen Hände,
nickt sich freundlich zu und verspricht Besserung.
Darüber hinaus sind allerdings auch Gespräche mit den Milizenführern
angekündigt. Ich habe keine Ahnung wie so etwas aussehen soll, aber die
UN macht das bestimmt klasse! Hat ja bislang immer super funktioniert, sich
mit den Hass-Instruirten an einen Tisch zu hocken und ihnen ins Gewissen zu
reden. Schade nur, dass mir gerade kein positives Beispiel einfällt. Vielleicht
könnte auch ein kleiner Exkurs in Wirtschaftsgeschichte Abhilfe schaffen,
indem er das präsidiale Interesse an Frieden und den damit verbundenen
Touristengeldern erweckt? Ich hätte jedenfalls Probleme damit, Dollars
anzunehmen, die durch so viele schmutzige Hände gegangen sind, wie die
aus dem Holzkohlehandel. So ein Unfug, Afrikaner-Hände sind eh schwarz. |